VMF-Branchenforum wagt Blick in die Zukunft / Auswirkungen auf Kunden und Dienstleister / Prognosen und Änderungen der Geschäftsmodelle?
München, Dezember 2022. Der Verband markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften e. V. (VMF) lud Ende November zum 14. Mal Mitglieder und Premiumpartner zum Branchenforum ein. Die Veranstaltung schließt sich traditionell an die Mitgliederversammlung an und beleuchtet aktuelle, branchenrelevante sowie zukunftsweisende Themen. „Diesmal ging es uns um den Umbruch in der Mobilitätsbranche und auf welche Veränderungen sich Kunden sowie Dienstleister einstellen müssen“, sagt Frank Hägele, Vorstandsvorsitzender des VMF.
Zum Start gab Hägele einen kurzen Rückblick auf das Jahr 2022 und zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung des VMF. „Inzwischen decken wir mit unseren Mitgliedern und den insgesamt 20 Premium-Partnern das volle Spektrum an Wertschöpfungspartnern für die Mobilitätsbranche ab. Wir können damit aus diesem Kreis Lösungen oder Beratung für alle Themen anbieten, die Fuhrparkbetreiber rund um ihre Mobilität aktuell brauchen“, unterstreicht Hägele. Und der Bedarf sei in diesen Zeiten besonders hoch. Weltpolitische Krisen, Verbrennerverbot oder steigende Zinsen – jedes Unternehmen sei direkt oder indirekt von der Situation betroffen. Selbst Firmen, die finanziell bisher gut durchgekommen sind, stellen irgendwann fest: Krisen haben Auswirkungen auf Menschen und auf Organisationen. Wertschöpfung wird teurer und Investitionsbudgets knapper.
„Mit Branchenstandards und Analysen schaffen wir sowohl Transparenz als auch fundierte Entscheidungsgrundlagen“, erläuterte VMF-Geschäftsstellenleiter Dieter Brandl bei der Vorstellung der 2022 umgesetzten Projekte. Beispielsweise wurde der Schadenkatalog „VMF© – Die Faire Fahrzeugbewertung“ komplett aktualisiert und überarbeitet. Zudem wurde eine Studie erstellt, die die „Wertstrategien von Automobilherstellern“ in den Focus nimmt. Passend zu diesem Thema startete das Branchenforum mit Vorträgen und dem Blick auf den Umbruch der Mobilitätsbranche: Worauf müssen sich Flottenbetreiber, Dienstleister wie Leasinggesellschaften und Vermieter in den kommenden Jahren einstellen.
Neupositionierung der Hersteller
Dr. Markus Collet von Corporate Value Associates stellte das Phänomen „Wertstrategien von Herstellern“ anhand einer Vorabpräsentation der Studienergebnisse vor. „Wie die Hersteller hier agieren beeinflusst das gesamte automobile Ökosystem, das von weniger Fahrzeugen zu teils deutlich erhöhten Preisen geprägt ist“, resümierte Collet. Seit einigen Jahren – auch bedingt durch die Coronapandemie und die Chipkrise – habe bei den Herstellern ein Umdenken eingesetzt. „Wir stellen fest, dass die Hersteller sich basierend auf zwei Trends neu positionieren: Dem Trend zu Elektromobilität mit größeren Fahrzeugen und dem strategischen Shift von Volumina zu Wert“, so Collet. Darüber hinaus zeichnen sich Änderungen bei den Vertriebswegen ab und neue Wettbewerber könnten das Volumengeschäft übernehmen. Um ein nachhaltiges Modell aufzubauen, erschließen Hersteller zudem neue Margen entlang des Lebenszyklus des Fahrzeuges. An dieser Stelle kommen der Handel, die Markenwerkstätten und der margenstarke Gebrauchtwagenmarkt ins Spiel.
Digitalisierung bei der Fahrzeugzulassung
Auch für die Dienstleister entlang eines Fahrzeuglebens verändert sich einiges. Eric Wirtz von PS-Team gab einen Einblick in das Projekt i-Kfz, das durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr ins Leben gerufen wurde und vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) umgesetzt werden soll. I-Kfz steht für internetbasierte Fahrzeugzulassung und soll Verwaltungsvorgänge digitalisieren und die Anforderungen des Onlinezugangsgesetz erfüllen. Mehrere Stufen sind mit mehr oder weniger großen Erfolg bereits umgesetzt. So können Privatkunden ihr Fahrzeug bereits online abmelden. Auch Großkunden sollen 2023 über eine zentrale Großkundenschnittstelle beim KBA die elektronische Zulassung nutzen können. „Eines unserer Ziele ist, eine Interessenvereinigung zu gründen, um die Flotten-optimierten Prozesse in Zukunft darzustellen“, so Wirtz.
Scannertechnik revolutioniert Schadenmanagement
In der Vergangenheit wurde weit mehr Geld mit gut ausgelasteten Reparatur-Werkstätten verdient. Und auch hier gibt es faszinierende Entwicklungen. So stellte Robert Kröwing das Zukunftsprojekt vom TÜV-Rheinland vor: Den „adomea Fahrzeugscanner“. Der Scanner erkennt alle Oberflächenbeschädigungen der Karosserie innerhalb von 45 Sekunden. Auch Krümmungen, Steinschläge, Kratzer, Dellen, Verätzungen und sogar den Felgenzustand. Und in weniger als drei Minuten liegt die konkrete Schaden-Auswertung vor. Er ist der einzige patentierte Scanner auf dem Markt, der Schäden misst, nicht nur erkennt.
Digitalisierung verändert Autoglas
„2035 wird die ADAS-Quote bei nahezu 100 Prozent liegen“, prognostizierte Matthias Wittenberg von Carglass. ADAS ist die Abkürzung für Advanced driver-assistance systems und steht für Fahrerassistenzsysteme. Die Verbreitung von ADAS-Kameras und Sensoren wird in Europa weiter zunehmen. Mit dieser zunehmenden Technologie der Fahrzeuge steigt auch die Komplexität und der Bedarf an Kalibrierung bei einem Scheibentausch. Zudem spielen Augmented Reality und Sensor Fusion Technology eine entscheidende Rolle, in die investiert werden muss. Aus Haftungsgründen wird auch die Dokumentationspflicht umfangreicher werden.
Prognosen – was wird 2035 wichtig sein?
Auf der Zielgeraden der Veranstaltung waren alle Teilnehmer aufgefordert, aus ihrer Perspektive einen Blick in die Zukunft zu wagen. „Auf den internationalen Märkten sehen wir fünf wichtige Treiber“, sagt Vinzenz Pflanz, Chief Business Officer bei Sixt und VMF-Vorstandsmitglied: Dazu gehöre die Digitalisierung mit all ihren Facetten, Nachhaltigkeit mit Mobilitäts- und Energiewende, eine veränderte Verfügbarkeit und längere Wartezeiten, Flexibilität durch Plattformökonomie und erweiterten Mobilitätskonzepten, höhere Sicherheit durch autonomes Fahren und Assistenzsysteme. Das bestätigen auch die meisten Impulsgeber mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten. Henrik Lange vom Werkstattexperten ControlExpert sieht abnehmende Schadensfrequenzen, weniger Wartungsintervalle, aber höhere Stückkosten pro Fall.
Inka Pichler von der Kanzlei Voigt gab einen Einblick in rechtliche Rahmenbedingungen. Man müsse sich auf veränderte Haftungs- und Bußgeldfragen einstellen. Zum Beispiel Unfälle, die durch Fehlsteuerungen der Assistenzsysteme oder aufgrund von defekten Ladekabeln verursacht werden – oder Bußgelder, denn das Bedienen des fest installierten Touchscreens im Fahrzeug während der Fahrt sei natürlich verboten.
Schließlich warf Dr. Hubert Mersmann von der Deutschen Leasing nochmal einen Blick auf zukünftige Zulassungszahlen. 2035 wären rund drei Millionen Neuzulassungen möglich und nach seiner Einschätzung hätten mehr als 70 Prozent der Neufahrzeuge einen Elektroantrieb. Er denkt, dass die EU-Richtlinie bis 2035 noch angepasst werden wird.